Reis (Reuss)


Die Familie Reis (Reuss) läßt sich in Briedel seit dem frühen 16. Jahrhundert nachweisen. Spätestens ab der Mitte des 16. Jahrhundert stellte sie die Hofmänner des Sponheimer Hofes. Auf Johann Reus, der schon vor 1556 bis nach 1588 Verwalter des Erbbestandshofes war, folgte vor 1591 wohl sein gleichnamiger Sohn (+ 19.8.1606). Vor 1609 hatte wiederum dessen Sohn Johann Heinrich (*~1585) die Aufgabe des Sponheimer Hofmannes übernommen. 1621 wurde ihm auch das Amt des kurtrierischen Schultheissen übertragen. Beide Ämter hatte er bis zu seinem Tode (+ 28,2.1636, Pest) inne. Vermählt war Johann Heinrich Reuss mit Catharina Lehmen, einer Tochter des Mattheiser Hofmannes in Kaimt und kurtrierischen Landtagsdeputierten Matthias Lehmen. Ihr ältester zwischen Juli und Dezember 1613 geborener, nach dem Schwiegervater benannter Sohn Matthias übernahm vor 1638 die Aufgabe des Sponheimer Hofmannes und nach 1642 auch die des kurtrierischen Schultheissen von Briedel. Er war mit Anna Maria Knopäus vermählt, die aus einer einflußreichen Trierer Beamtenfamilie stammte. Matthias Reus starb allerdings schon am 1.3.1647 während eines Aufenthaltes in Trier und wurde St. Antonius begraben. Dem Ehepaar wurden wohl nur zwei Kinder geschenkt, von denen der Sohn Johann (*20.12.1646)
(1) als Dreijähriger verstarb. Die Ehefrau kehrte bald danach mit der Tochter nach Trier zurück, hatte aber nach der Steuerliste des Jahre 1667 in Briedel noch Grundbesitz.

Der zweitälteste Sohn von Johann Heinrich, Johann (*12.1.1616), strebte ebenfalls in die kurtrierische Verwaltung und wurde wohl nach 1645 Kanzleivorsteher unter dem umstrittenen Kurfürsten und Erzbischof Philipp Christoph von Sötern (1623-1652). Dieses Amt mußte er offenbar unter dessen Nachfolger aufgeben und kehrte nach Briedel zurück, heiratete dort am 24.6.1653 die ebenfalls aus einer kurtrierischen Beamtenfamilie stammende Maria Gertrud Schönecken aus Oberwesel (2). Offenbar wurde ihnen nur eine Tochter geschenkt, bei der die nach Kaimt verheiratete Schwester Christina (*9.3.1618) als Taufpatin fungierte. Er starb am 30.11.1663 in Briedel, als „ einst sehr verdienstvoller Kanzleivorsteher des ehrwürdigen Erzbischofs Philipp Christoph von Soetem" (3) . Möglicherweise verließ auch seine Frau wenig später Briedel, da sie in der Steuerliste des Jahres 1667 nicht mehr erscheint (4).

Der jüngste Sohn, Johann Reinhard Reus (*27.1.1634), dem offenbar eine große Karriere bevorstand, starb am 7.1.1658 in Mainz als der erste (beste dort) (5) Magister der freien Künste und Philosophie sowie Student der Theologie. Ein vierter Sohn Peter Ernst (*27.7.1631) (6) trat dagegen kaum in Erscheinung, abgesehen von seinem tragischen Tod, als er am 25.10.1690 während der Weinlese mit seinem Kahn kenterte und mit drei weiteren Erntehelfern in der Mosel ertrank.
Danach verliert sich der Einfluß der Familie Reis. Erst mehr als hundert Jahre später knüpfte sie wieder an frühere Zeiten an, als zwei Urenkel jenes Peter Ernst Reis, Nikolaus (*27.11.1738) und Johann Adam (* 12.3.1741) sich in der Gemeinde engagieren. Nikolaus wurde, nachdem er bereits 1771 und 1772 die Aufgabe eines Vorstehers innehatte, 1772/73 Bürgermeister von Briedel. 1775 wurde er vom Kurfürst als Nachfolger des verstorbenen Johann Hulten zum Hofschultheiss und Hofverwalter des Grafenkelterhauses ernannt. Daneben war er Gerichtsschöffe und Synodale. Unter französischer Herrschaft übernahm er 1796 bis zu seinem Tode am 25.2.1799 noch die Aufgabe des Greffiers, des Gerichtsschreibers, am Friedensgericht Zell, das für den gesamten Kanton zuständig war. Sein Sohn Nikolaus Reis d. J. (*25.1.1773) wurde spätestens 1801

also in jungen Jahren, wohl durch die Einflußnahme des Vaters Maire (Bürgermeister) der Mairie Beilstein, zu der die Orte Beilstein, Briedern, Grenderich, Mesenich, Senheim, Alt- und Mittelstrimmig, Fankel sowie Bruttig gehörten und die mit der Mairie Blankenrath und Zell den Kanton Zell bildete. 1803 erwarb er im Zuge der Säkularisation als Maire von Beilstein Wiesen vom Kloster Himmerod. Der Großkousin von Nikolaus Reis d. Ä., Johann Adam Reis, war 1777/78 Vorsteher sowie 1779/80 und 1782/83 Bürgermeister von Briedel. Daneben wirkte er als Gerichtsschöffe sowie von 1784 bis 1793 als Gemeindeschreiber von Briedel. Erstarb am 26.1.1799.


(1) Sein Taufpate war Matthias Bruder Johann, der Kanzleivorsteher des Erzbischofs Philipp Christoph von Soetern.
(2) Am 24.6.1653 wurde in Briedel sogar eine große Dreierhochzeit gefeiert, die die starke Verflechtung der einzelnen einflußreicheren Familien erkennen läßt. Neben Johann Reis vermählte sich seine Schwester Catharina mit Peter Busch, dem späteren Bürgermeister, Schöffen und Synodalen. Gleichzeitig ehelichte dessen Bruder, der spätere Schultheiss Johann Busch, die Tochter des badischen Kellners von Enkirch, Anna Elisabeth Thelen.
(3) KB II, 57: „quondam cancelista meiitissima apud Reverendissimum Achiepiscocum Philipp Christoph ".
(4) In Sti. 1663 zahlt Johann Reus die „capitatio" für seine Frau, drei Kühe und eine Geiß.
(5) KB 11,56: „...Uberaliu (sie!) ac philosophiae Magister primus ibidem promotu anno praecedente 1657 et Theologicae auditor..."
(6) Seine Taufpaten waren der Satrap (Amtmann) des Amtes Zell Peter Ernst von Metzenhausen und Margarethe Reineri, die Gemahlin des Notars, Stadt- und Gerichtsschreibers sowie langjährigen Landtagsdeputierten Matthias Reineri aus Kaimt.
(7) BAT Abt. 71, 139 Nr. 374

Quelle: Gilles, Die Geschichte der Gemeinde Briedel

In den großen Auswanderungswellen im 19. Jhd. verließen 4 Reis-Familien mit 23 Kindern, insgesamt 31 Personen ihre alte Heimat Briedel, um in der neuen Welt Brasilien Fuß zu fassen.