Jakobsmuschel

 

Entlang der Atlantikküste durch Aquitaine
von St.-Nazaire über Bordeaux - Biarritz
bis Saint-Jean-Pied-de-Port

Montag, 8.5.2006

von Nantes über St.-Nazaire nach Pornic, 2. Teilstück
32 km


Den ersten Teilbericht dieses Tages siehe im Loire-Bericht.

Jetzt habe ich als Orientierung wieder nur die Michelin-Karten. Kilometerweit rollen wir durch die Wohnstraßen in Meeresnähe bis wir auf der fast autobahnhaften Hautverkehrsstraße sind. Meine Karte zeigt keinen anderen Weg mehr, aber wir finden einen Waldweg und dann gehts prima weiter.


Herrliche Strände und eine unüberschaubare Menge von Wohnblocks mit Eigentums- / Ferienwohnungen liegen beidseits der Dünen, die uns auch ein ständiges Auf und Ab bescheren. Ha, das gibt Höhenmeter.

Wir geraten in ein Radrennen und dürfen nicht weiter. Auch als Radfahrer gestattet man uns nicht die Teilnahme. Also zurück und eine Umgehungsroute suchen. Klappt mit den Erläuterungen des Absperrdienstes und wir finden auf diese Weise sogar das Radwegenetz der "Velozean", das sehr gut beschildert ist. Offensichtlich geht es aber "über Land", denn die angezeigten Strecken sind wesentlich weiter als die Straßenkilometer.

Da muß ich mich erkundigen, ob das für uns nutzbar ist, wäre ja prima.

Bald sind wir in Pornic, einem Touristenort, angekommen. Da die Tourist-Info wegen des Feiertages schon zu hat, rollen wir das nächstbeste Hotel an und quartieren uns ein.


Dann auf zur Hafen- und Stadtbesichtigung. Ein Eis in die Hand - mann, haben die hier gesalzene Eispreise - und los gehts. Wenig Wasser haben die im Moment, im alten Hafen liegen die Schiffe auf dem Trockenen.

Mit dem Essen wurde hier am Atlantik auf Meeresfrüchte umgestellt. Gleich am ersten Tag gabs Fischsuppe, Austern und Muscheln.

Dienstag, 9.5.2006

von Pornic nach Sion - St.Hilaire
75 km, 187 hm


Strahlende Sonne reißt uns aus den Betten.
Ruckzuck sind wir auf dem Radweg unterwegs. Der führt uns schön durch die ruhigen Wohngebiete der Orte, wenn das so weitergeht, brauchen wir bis Bordeaux schon 1000 km. Aber es geht nicht anders. Es gibt keinen direkten Küstenweg, da diese von Felsen und Dünen gebildet wird und dazwischen kommen laufend Entwässerungsgräben, die weit ins Land ziehen. Und südlich verlaufende Straßen gibts außer der Hauptverkehrsader nur sporadisch.

Ich will kurzfristig in eine Seitenstraße zum Baguettekaufen einbiegen und schon liege ich flach. Nichts passiert.

Den Radweg haben wir verloren, der läuft weiter im Hinterland. So gehts ein Stück auf der Hauptstraße, bis wir in die Dünen kommen. Jetzt geht der Radweg, teils abgetrennt neben der Straße, südwärts. Im Bereich der Badeorte, hier sind Ferienhäuser und -wohnungen am laufenden Band, sind die Radwege reichlich und vorzüglich.

Jetzt ist noch keine Ferienzeit und es ist ruhig. Sogar große Supermärkte sind noch zu.

In Sion, dem Badevorort von St.Hilaire, nehmen wir Quartier. Direkt am Strand, aber etwas außerhalb vom Zentrum, liegt unsere Pilgerherberge.

Naja, da genießen wir den Rest des Tages eben vom Balkon mit Meerblick und verzichten auf die abendliche Stadtbesichtigung.

Denkste, Als wir im Restaurant ein Bierchen trinken wollen sehen wir erst das Schild "Restaurant ouvert Jun 15 - Oct 15.". Wir fragen die Rezeptionistin nach einem guten Restaurant: 4 km. Da gehen wir zu Fuß 2 km zurück in eine Creperie, ist gut. Dabei kaufen wir noch schnell eine gute Flasche Roten für den Balkon.


Mittwoch, 10.5.2006

von Sion St.-Hilaire nach Talmont St.-Hilaire
70 km, 252 hm


8 Grad zeigt mein Thermometer, aber die Sonne lacht vom Himmel und es wird auch bald warm.

Es geht, von Ortsdurchquerungen und einigen kurzen Verbindungen abgesehen, immer auf einem herrlichen Radweg durch die Dünen oder dahinter durch die Pinienwälder aber auch streckenweise durch Moor und Sumpf.

In den Sümpfen sind viele rechteckige Teiche und Wassergräben. Ob das mal Anlagen zur Froschzucht waren? Jetzt sind nur vereinzelte anscheinend zur Fischzucht genutzt. Wie ich später erfahre, werden hier junge Muscheln aus dem Meer umgesetzt und "aufgepäppelt".

Der Atlantik-Radweg ist noch im Ausbau, aber schon prima zu fahren. Lediglich an den Fehlstücken dazwischen ist auch noch keine Beschilderung, sodaß wir einige Male den Anschluß suchen mußten.

Heute war die Beschilderung einheitlich, gestern hatten wir sogar teilweise noch eine Doppelbeschilderung gehabt.


Die welligen Naturwege durch die Dünen bringen auch noch was für unsere Höhenmeter.

Der Weg ist aus einer Art Bims als Festigkeitsschicht und das ganze ist dann fein gesandet. Sehr gut zu fahren.

Ein Problem der Jahreszeit ist, daß noch vieles geschlossen ist. Zur Proviantierung mußten wir einen großen Umweg ins Hinterland machen.

Die nächsten Tage wird daher der Getränkevorrat schon am Abend gebunkert, bzw. es muß bei der Abfahrt so viel in den Flaschen sein, daß wir eine mittlere Strecke damit überwinden können.

Wenn die Ferienwohnungen und Campingplätze hier alle belegt sind, ist sicher auch der Radweg überfüllt und mit Fußgängern versperrt. Dann doch lieber nach einem Getränkeshop suchen.

Vor uns liegt eine größere Strecke durch Dünen und Sumpf. Also nehmen wir lieber jetzt schon Quartier, wenns auf der kommenden Strecke knapp werden sollte.

In den modernen Badeorten am Strand sind keine Kirchen. Die befinden sich in den alten Ortskernen im Hinterland. Sie sind nicht allzu groß, oft eine gedrungene und dunkle Bauweise mit wenig Schmuck. An Pilgerstempel ist da nicht zu kommen. So war ich heute mal wieder auf der Mairie. Die Sekretärin war von unserem Pilgerpaß recht angetan.

Donnerstag, 11.5.2006

von Talmont St.-Hilaire nach La Rochelle
100 km, 291 hm


Wir hatten einen langen Tag vor uns, daher gings früh raus. Proviant hatten wir gestern besorgt und so konnten wir vor neun auf der Piste sein.

Auf der ruhigen Landstraße gings von Anfang an gegen den Wind. Der Wind drehte sich immer so, daß er uns von vorne erwischte.

Dann gabs wieder einen Radweg, der durch die Dünen und Pinienwälder führte. Die Planer hatten dafür gesorgt, daß der Weg um die kleinen Dünen drumherumging, so bekamen wir Kilometer und über die querverlaufenden hohen Dünen wurde er genau drüber geführt, sodaß wir die Aussichten genießen konnten.


Vor der Umfahrung der Bucht von Aiquillon hatte ich Bedenken, denn meine Karte zeigte nur Wasseradern und keine Wege. Aber der hier gut ausgeschilderte Radweg führte uns durch das Labyrint aus Wassergräben gut hindurch. Die zickzack laufende Strecke war etwa so lang, wie die Straßenkilometer.

Und der Wind ließ uns auch hier auf den flachen Feldern nicht im Stich. Der ausgewiesene Radweg ging weiter nach Osten ins Hinterland und wir nahmen Kurs Süden nach meiner Karte. Vor La Rochelle konnten wir auf einem Radweg den Flughafen umrollen und parallel zur Haupteinfallsstraße direkt ins Zentrum vorstoßen. Das erste Hotel hatte complet, aber dann bekamen wir noch ein Zimmer hinter der Kathedrale.

Wir gehen auf Stadtbesichtigung und fangen bei der Kathedrale an. Diese hat keine Türme. Wie in der Beschreibung steht, war beim Bau dafür nicht genug Geld da, und jetzt fehlt es anscheinend auch wieder.


Der Küster kann mir keinen Stempel geben, ich soll vor der Messe nochmal kommen. Das ist nur noch eine knappe Stunde und so trinken wir draußen ein Bierchen und dann gehen wir in die Kirche und so bekomme ich vom Pastor meinen Pilgerstempel. Der Stempel war nicht in der Sakristei und der Pastor ging extra ins Pfarrbüro nebenan zum Stempeln. Der Pastor war begeistert und hat alle Stempel gelesen und dem Küster erklärt.

La Rochelle ist eine schöne Stadt. Wir genießen die Stimmung am herrlichen Hafenrand mit den vielen Segelbooten, bevor wir uns mit gutem Fisch stärken.

Freitag, 12.5.2006

von La Rochelle nach Marenne
74 km, 116 hm


In der Tourist-Info besorge ich mir Kartenmaterial über die Radwege südlich.

Sehr schnell sind wir auf dem richtigen Weg, sodaß wir kurz nach Mittag in Rochefort sind.

Riesenlange gepflegte Strandpromenaden werden von uns abgefahren, an denen man fleißig dabei ist, die Winterschäden zu beseitigen und den Sand auf den kommenden Ansturm vorzubereiten.

In den Meeresbuchten wird intensiv die Austernfischerei und Muschelzucht betrieben.
Bei Ebbe sieht man dutzende von Traktoren weit draußen, die mit vollen Wagen zurückkommen.

Auch viele Einzelpersonen traben durch den Schlick und sammeln sich ihr nächstes Mahl.

Der Radweg hat uns auf kurzem Wege an den von mir aus der Karte erkannten Problemstellen (2x1km auf der stark befahrenen N137) herumgelotst.

Wir besichtigen die Innenstadt von Rochefort sozusagen im Durchfahren.

Breite Straßen und Straßencafes.
Auch diese Kirche hat keinen nennenwertem Turm und kommt mir innen düster vor.

Die Tourist-Info hat Mittagspause und so bekomme ich keine neuen Radfahrtips.

Zum Ausgleich dafür gehts auf der Hochbrücke über die Charenne. Hier ist ein Radstreifen aufgemalt, aber die LKW nehmen den beim Berganfahren teils aus Ausweich für die Überholenden. Oben bläst ein nettes Windchen.

Meine Reiseleitung meint, wir brauchen keine Straßenkarten. Wenn wir immer gegen den Wind fahren, kommen wir bestimmt auch an.

Bald sind wir in Marenne. Der 55 m hohe, bis in die Spitze gemauerte Kirchturm war schon den ganzen Mittag zu sehen. Das dreischiffige Kirchenschiff ist lang, aber in der Proportion dazu niedrig und dunkel.

Ich will gerade auf die Mairie zum Stempelfassen, da merken wir, das einzige Innenstadthotel hat bis 18.00 Uhr zu, so buchen wir über die Tourist-Info ein Zimmer in einer 3 km entfernten Strand-Pizzeria.

Samstag, 13.5.2006

von Marenne nach Montargis
79 km, 387 hm


In unserer Pizzeria war gestern noch richtig was los. Da waren sogar drei Radmannschaften, die sich den Bauch mit Salat und sonstigem Nahrhaftem füllten. Hier ist am Wochenende ein Radrennen und die sind schon von weither angereist.

Nach dem Frühstück die Flaschen mit Wasser gefüllt und ab geht’s.

Direkt über die 40 m hohe Autobrücke (mit Radstreifen) über das riesige Mündungsbecken der Seudre. Während ich am Mittelscheitel auf meine Mitradlerin warte, stelle ich mit Entsetzen fest, daß meine Vorderlampe abgebrochen ist und nur noch an den Kabeln in den Speichen baumelt. Die scheint doch durch den fehlenden Vorderradhalter Schläge mitbekommen zu haben. Gut daß ich das jetzt bemerke, beim Runterfahren hätte das ganz schön kritisch werden können.

Hier ist das Zentrum der Austernzucht. So weit man sehen kann, ist das ganze Becken links und rechts mit Austernbänken gefüllt. Jede Menge Boote sind bei der Ernte.


Und dann beginnt schon der geteerte Radweg durch die Pinienwälder. Herrliches Rollen in den nächsten 30 km. Durch Royan und St Georges gehts über den Uferboulevard.

In Royan an einer Ampel treffen wir zwei Zeltradler, die nach Norden rollen. Es ist ein Mainzer und ein Elsässer, die zusammen fahren. Die haben sich voriges Jahr auf der Fahrt nach SdC kennengelernt und machen jetzt eine Frankreichrundfahrt. "Wir kommen prima miteinander aus. Sprechen nicht viel. Er kann kaum deutsch und ich nur wenig französisch, so bekommen wir auch keinen Streit."

"Da kommen ja noch Berge auf Euch zu". Wir wünschen uns gegenseitig "bon camino" und jeder rollt in seine Richtung.

Und die Berge lassen nicht auf sich warten. Es gibt keinen Uferweg mehr und die Straße geht auf und ab direkt über die vielen Hügel, jedesmal 30 - 40 hm in satten Steigungsprozenten (Spitze 17 %), sodaß wir manchmal schieben.

Das anvisierte Hotel ist dauerhaft zu. Wir stellen uns schon auf eine lange Weiterfahrt und Zimmersuche ein, da werden wir durch eine Baustellenumleitung vor die Tourist-Info geführt. Die hat zwar nur 5 Privatzimmervermieter auf ihrer Liste, sitzt aber den ganzen langen Tag in dem großen Büro. Wovon finanziert sich das?

Ein schönes großes Kamin-Zimmer in einer kleinen Jugendstilvilla beherbergt uns diese Nacht. Die Wirtin ist Holländerin und spricht einigermaßen deutsch.

Montargis, insbesondere der Hafenteil, ist ein altes Berberlager und seit dem Mittelalter eine weitbekannte befestigte Schutzstation auf dem Jakobsweg.

Sonntag, 14.5.2006

von Montargis nach Bordeaux
110 km, 241 hm


Für die nächsten beiden Tage haben wir moderate Strecken geplant.

Zum Frühstück gabs Ei im Glas, das soll Kraft geben.

Proviant wird mangels Gelegenheit nicht gebunkert, sondern die Flaschen vorsichtshalber mit Leitungswasser gefüllt. Was für eine weise Voraussicht.

Wir rollen los. Die Verbindungs- und Wanderwege durch die Äcker und trockengelegten Weidelandschaften fahren sich prima. Irgendwie wurden wir auf einen rohen Feldweg geleitet, den wir nach einigen Kilometern verlassen. An einer unklaren Kreuzung schicken uns die Fischer geradeaus weiter. Dann stehen wir am Meer und rollen auf dem Wanderpfad weiter, bis wir vor einem Wasserlauf ohne Übergang stehen. Durch einen privaten Hof schaffen wir es wieder auf befestigte Wege und es geht weiter.

Nach 35 km kommen wir wieder in bewohntes Gebiet. Heute ist Sonntag und in den Dörfern ist tote Hose angesagt.

Es gibt nichts zu essen und nichts zu trinken. In einer am Weg liegenden Creperie, die mit Schildern groß wirbt, erklärt uns die Putzfrau, daß sie Probleme haben und nur abends bedienen.

Also weiter bis Blaye, dem geplanten Tagesziel. Hier ist Stadtmarathon, da laufen gerade noch die Reste und bunt Kostümierten ein.

Der einzige wichtige Punkt hier ist die Besichtigung der Vauban-Festung. Es ist noch früh und wir sind noch fit, also beschließen wir, weiterzurollen und den nächsten Tag reinzufahren.

Die Girondefähre geht in einer Stunde. Wir wollen eine Kleinigkeit essen und Trinken bunkern. Denkste, ein hochpreisiges Restaurant und eine Bar sind erreichbar, sodaß es zunächst nur ein Bierchen gibt.

Wir ziehen ins Stadtzentrum, tote Hose auf allen Straßen.

Dann gehts mit der Fähre über die hier immer noch sehr breite Girondemündung und wir nehmen die letzte Etappe nach Bordeaux in Angriff. Hier rollen wir durch Medoc, das Herz des Bordeaux-Anbaugebietes. Chateau an Chateau, gru, grand gru etc.

Hey, hier scheint man mit Wein noch Geld zu verdienen, moderne und supergepflegte Gebäude und Anlagen. Die schneiden auf den Stock nur 2 kurze Zapfen an, dafür sind die Zeilen enger als mein Lenker und der Pflanzabstand ist noch kleiner.

Am Autobahnring werden wir vom Radweg-Ring aufgenommen und sind so schnell im Herzen der Stadt. Unser Pilgerquartier ist schnell gefunden (einige waren voll) und nach 110 Tageskilometern gönnen wir uns eine kräftige Stärkung, denn außer einer Banane und einem Müsliriegel hatten wir heute keinen Brennstoff. Was die Reserven doch hergeben.

Montag, 15.5.2006

Besichtigungspause in Bordeaux
Heute bleiben die Drahtesel im Stall.


Wir feiern den Geburtstag meiner Liebsten und tun was für die geistige Bildung.

Zu Details über die Stadt verweise ich auf die einschlägige Literatur.

Hier wird massiv gebaut und renoviert.

Herrliche Altstadt mit vielen Kneipen.

Der Pastor der Kathedrale St.Andre gibt mir gerne die Pilgerstempel. Danach steigen wir die 229 Stufen des Turmes hinauf, um die schöne Stadt von oben zu betrachten.


Vielen Dank für die zahlreichen Glückwünsche.

Dienstag, 16.5.2006

von Bordeaux nach Arcachon
95 km, 126 hm


Wir starten zu früh. Die Geschäfte sind noch zu und die Sandwicherie hat noch nichts.

Naja, da müssen wir warten, denn ohne Proviant wollen wir heute nicht auf die große Strecke gehen.

In der Tourist-Info und der Gironde-Info hat man mir meine geplante Strecke ausgeredet. Nur stark befahrene Fernstraßen. Dafür gibt’s aber einen herrlichen Radweg auf einer stillgelegten Eisenbahnstrecke in nordwestlicher Richtung zum Ozean, und dann da auf Radwegen südlich und in Cap Ferret mit der Fähre übersetzen. Sind nur ca 40 km mehr, aber ruhig zu fahren.

Wir verlassen Bordeaux also auf dem gleichen Weg, wie wir hereinkamen. Nach 13 km dann auf der alten Bahnstrecke zum Ozean. Ein breiter geteerter Weg, einmal sind es ganze 15 km schnurgerade durch die Pinienwälder. Das wird langsam langweilig. Was empfinden/empfanden da die Jakobspilger, die zu Fuß hier entlangtraben und faktisch einen ganzen Tag geradeaus ohne nennenswerte Veränderungen in der Aussicht unterwegs sind.

Da kommt man auch ans Nachdenken. Wenn man solange unterwegs ist und durch die Einsamkeit rollt geht einem viel durchs Gedächtnis und man erkennt auch, wie klein der Mensch eigentlich gegenüber der Natur ist.

Zum Mittagsmenue kehren wir in La Porge ein und treffen dort vor der Kirche einen nordwärtsfahrenden Fernradler mit Anhänger. Trotz Sprachschwierigkeiten, ich habe nicht erkannt, ob das überhaupt französisch war, haben wir die Routen ausgetauscht und parliert. Der hat sich auf der Parkbank seinen Kaffee gekocht und sein Mittagsmahl zelebriert. Im Hotel zu schlafen sei ihm zu teuer, so sah er auch aus. Er hatte auch nur noch einen Zahn.

Überhaupt sei hier einmal vermerkt, daß die ganzen uns entgegenkommenden Radler sehr freundlich sind. Ein bonjour ist selbstverständlich, die Rennradradler heben zumindest die Hand. Wenn wir auf der Strecke oder an einer Kreuzung stehen, wird sofort gefragt, ob wir Probleme haben oder Auskunft brauchen.

Wir kürzen die Strecke über eine ruhige Straße ab und sind schon bald im Fährhafen. Ich wollte das zunächst nicht glauben, weil ich dachte schon zu weit auf die Landspitze hinausgefahren zu sein. Aber die Kartenverkäuferin machte uns klar, daß wir genau richtig seien. Das Schiff ginge bald ab, wir müßten aber die Gepäcktaschen abnehmen. Bei dem kleinen Boot war das auch wirklich erforderlich, sonst wären die nicht an Bord zu schaffen gewesen.

In Arcachon angekommen, schon haben wir eine Pilgerherberge gefunden.

Wir gehen essen, denn es ist wichtig, bei Kräften zu bleiben. Schon wieder füllen wir unseren Bauch mit Austern und Muscheln, mehr gibt unser Pilgeretat nicht her.
Beispiel: Vorspeise 6 Austern (Nr 3!), Hauptspeise Muscheln satt mit Fritten , Dessert Crepe nach Wahl für ganze 12 €uro. Fleischgerichte sind viel teurer.


Auch die Weinpreise liegen auf unserem Niveau, Flasche im Lokal ab ca 9 €uro. Bier (0,25 ca 3 €) und Erfrischungetränke (0,25 oft 3,50 - 4 €) scheinen mir doch ziemlich teuer.

Mittwoch, 17.5.2006

Ruhetag an der Pyla-Dühne
23 km


Hier am Meer in den hohen Dünen haben wir einen Tag Ausspannen eingelegt.

Jede Menge an Feriensiedlungen und Eigentumswohnungen prägen auch hier das Bild. Viele Rolladen sind noch unten, aber die Gastronomie wartet schon auf Kundschaft.

Gleich frühmorgens die Wallfahrtsbasilika Notre Dame de Arcachon mit der Chapelle des Marins aufgesucht, schöne Kirche, aber gestempelt wird nur in der Hauptferienzeit Juli/August. Da habe ich mir meine "tampons" auf der Mairie geben lassen.

Am Nachmittag sind wir dann zu Europas höchster Düne, der Pyla-Düne geradelt. Hey, was sind die Räder ohne Gepäck so leicht und spritzig.


Die Düne wird über eine Treppe aus Plastikfertigstufen erklommen. Da ist ganz schön Betrieb, besonders viele Schulklassen waren auf Ausflug da. Oben, auf 117 m über dem anbrandenden Meer, hat man eine herrliche Fernsicht. Auf der Spitze habe ich meine Sandprobe genommen.

Und das Ganze kostet keinen Eintritt!

Im Gegensatz dazu müssen wir in Arcachon 7 €uro Kurtaxe pro Person und Tag berappen.

Wieder unten kaufe ich mir endlich das für die Frankreich-Route vorgesehene T-shirt.

Nach 23 Ausflugskilometern sind wir wieder im Hotel. Ich nutze die Gelegenheit, um die Räder zu inspizieren, zu putzen und zu ölen. Auch die Vorderradstabilisatoren baue ich wieder an, mal sehen, obs jetzt hält. In Bordeaux hatte ich mir einen Rollengabelschlüssel (Engländer) und eine Dose WD40 gekauft.

Die Badehose an und ab ins Meer, heißt es anschließend. Oh, das ist aber noch frisch.

Zum Abendessen wollten wir uns was Gutes gönnen. Pech gehabt, teuer und geschmacklich fade Fischgerichte.

Am Nebentisch hat ein Pärchen seine beiden Kinder mitten während des Essens frisch gemacht und weitergegessen, als ob sie den Kleinen gerade die Nase geputzt hätten.

Während ich jetzt hier mein Tagebuch schreibe, lassen wir uns auf dem Balkon noch eine Flasche Bordeaux aus der Cave neben dem Hotel schmecken.

Donnerstag, 18.5.2006

von Arcachon nach Mimizan
90 km, 341 hm


In der Nacht wurden wir von einem mächtigen Gewitter aus dem Schlaf gerissen. Hoffentlich ist das morgen vorbei.

Der Himmel ist grau in grau, aber es ist trocken, als wir losrollen. Nach wenigen Kilometern tropft es und wir zwängen uns in die Regenjacken. Die Steigungen in den Dünen sind so kräftig, daß wir teilweise schieben. Um nicht zu schwitzen, kommen die Regenjacken ins Gepäck und es geht im Radtrikot weiter.

Als wir uns zwischen allen Unterstellmöglichkeiten befinden, wird der Regen stärker und wir müssen wieder in die Regenjacken.

Zu Mittag sind mitten in der Woche in einem normalen Dorf die Speisegaststätten "complet", sodaß wir froh sind, ein warmes und trockenes Plätzchen in einer Pizzeria zu bekommen.

Der Nachmittag ist trocken, die Sonne lacht und wir machen gute Strecke. Der Radweg geht durch Wald und Flur, teilweise auch abgetrennt an den Straßen entlang. Viele Kilometer befahren wir faktisch jungfräulichen Radweg, denn die Bauarbeiten sind noch im Gange.

Hier machen wir auch Halt, um die Erreichung der 2.000-km-Marke mit einem Schluck Eistee zu begrüßen.

Kurz vor dem Tagesziel streikt die Gangschaltumg meiner lieben Reisepartnerin. Ist was kaputt? Ich justiere auf freier Strecke und hoffe, es hält zum nächsten Radladen.

In Mimizan haben wir an der Plage (so nennt sich hier der Strand) schnell ein preiswertes Zimmer gefunden.

Da nehme ich mir mal die Gangschaltung vor. Scheint nichts defekt zu sein, nur schwergängig durch Sand etc. Nach intensivem Reinigen und Ölen klappts wieder.

In der Tourist-Info erhalten wir als letzte Tagesgäste (1 min nach Feierabend) noch eine touristische Karte der Region bis Biarritz, das dürfte dann ausreichen.

Hier wurde in der doch reinen Feriensiedlung eine ansprechende moderne Kapelle/Kirche gebaut. Sie ist leider nur zu den Gottesdienstzeiten offen, aber durch die großen Glastüren kann man das ansprechende Innere bewundern.

Wir radeln hier auf dem Jakobsweg, der von Saulac die Küstenroute nimmt. Die Tourist-Info hat mir gerne meine Pilgerpässe gestempelt.

Von Landwirtschaft sehen wir in diesen künstlich bewaldeten Dünenlandschaften und trockengelegten Sümpfen nur wenig. Dafür reiht sich Campingplatz an Campinglatz. (Wohnmobile, aber besonders viele Mobil-Homes).

Heute mittag waren wir irrrtümlich in ein solches Campingfeld geraten. Wir brauchten mehrere Runden und schließlich den Kompas, um wieder herauszufinden. Wären wir nur den Richtungsempfehlungen der Bewohner gefolgt, wir wären immer noch am rundfahren.

Rund 500 mobil-homes, ohne die Zeltstadt und die Wohnwagen. Da ist was los, wenn in den Ferien alles belegt ist.

Und diese Größenverhältnisse reihen sich aneinander.

Hier in der plage-Siedlung werden jetzt in der Vorsaison um 19.00 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt und wir ziehen uns aufs Zimmer zurück

Der Radwegeausbau hier ist in vollem Gange.

Lediglich bei der Beschilderung sollte noch nachgebessert werden. Solange man richtig fährt, ist es prima. Aber wenn man eine Biegung verpaßt oder in die Orte ausweicht, findet man oft schwer weiter bzw. zur Hauptroute zurück.

Freitag, 19.5.2006

von Mimizan nach Biarritz
110 km, 479 hm


Die Sonne lacht wieder und nichts hält uns auf. Ruckzuck sind wir auf dem Küstenradweg und sausen gen Süden.

Wenn das geschwungene Teerband auch manchmal schmal ist, so macht es richtig Spaß, hier zu radeln.

Nach 45 km endet der Radweg, der ohne viele Steigungen durch die Dünenlandschaft und Wälder verläuft, und wir sind auf ruhiger Straße unterwegs.

Wir treffen auf ein Jakobswegeschild, aber ich misstraue ihm und dafür gibt es eine Ehrenrunde umsonst.

Es ist noch früh, und wir entscheiden uns, bis Biarritz durchzusausen. Nicht so einfach, wie gemeint. Der Radweg macht einen riesigen Umweg und wir brettern auf der Hauptstraße weiter. Die Nationalstraße ist 4-spurig, hat aber einen Radstreifen, während die Departementstraße 2-spurig und eng ist; und der Verkehr ist der gleiche.

Dazu kommt, das es jetzt dauernd bergauf und -ab geht. Ca 50 hm und die bissig steil. Ausweichen geht nicht, weil wir die Brücke über die Adour erwischen müssen. Geschafft, nun nur noch quer durch den Stadtteil und wir sind am "chambre de amour". Die Tourist-Info gibt uns einen Hotelprospekt und Ende. Anrufen etc. macht sie nicht. Dabei sind die Entfernungen zu den Hotels riesig und einige steil.

Die weite Strecke und der Verkehr haben uns geschafft und so rollen wir das nächste, einen riesigen terassenförmig gebauten, Kasten an. Complet sagen die, obwohl der Parkplatz leer ist. Wollen wohl keine Radfahrer für eine Nacht.

Wir erklimmen wieder den Berg und verlassen den unfreundlichen Ort mit dem charmanten Namen. Auf der Höhe in einer vielsternigen Anlage bekommen wir ein nettes Appartement.

Die Räder dürfen hier mit aufs Zimmer. Ganz schön knapp mit dem Gepäck im Aufzug.

Die Gelegenheit ist günstig, überall hängt Wäsche. Das wird ausgenutzt und auch wir waschen alles durch und hängen es zum Trocknen in die Abendsonne.

In einem fliegenden Kiosk vor der Anlage kaufe ich noch schnell einige Fläschchen roten Bordeaux, die wir im Moment nach einem reichhaltigen Abendessen auf der Seeterasse genießen.

Samstag, 20.5.2006

von Biarritz nach St.Jean-Pied-de-Port
74 km, 654 hm


Sonnenschein und Wolken.

Wir fahren ins Zentrum von Biarritz. Das ist hier ein nobles altes Seebad. Nicht zu vergleichen mit den modernen Ferienwohnungen und - siedlungen der Neuzeit.


In der Tourist-Info suche ich nach Radwegen. Gibt’s nicht. Die junge Frau zeigt mir zwar zwei Wege auf, aber das sind riesige Umwege. Also bleibts bei der Hauptstraße.

Wir spazieren am Strand entlang, gehen kurz in die Kirche St.Eugenie und dann auf, Richtung Spanien.

Gar nicht so einfach, Biarritz will uns nicht loslassen. Endlich haben wir die Ausfallstraße, da stehen da die Schilder "für Fahrrad verboten". Eine Ehrenrunde im Verkehrskreisel und wir müssen zurück. Der nächste Versuch klappt, aber es geht auf sehr verkehrsreicher Straße Richtung Bayonne.

Wir kommen an der Kathedrale vorbei und halten zur Besichtigung. Lauter deutsche Reisegruppen füllen die Kirche. Das sind Ausflügler von einer Lourdeswallfahrt.

In der Kirche ist eine Stempelstation für Jakobspilger. Die nehmen wir in Anspruch, obwohl ich in Biarritz bereits auf der Tourist-Info einen Stempel bekommen hatte.

Hier nun folgen wir den Hinweisschildern Jakobsweg und sind dann gegen 12 Uhr endlich auf dem Radweg die Nive hinauf.


Einen 150-m-Hügel der Umgehungsstraße wollen wir uns schenken und weichen auf das alte, dem Flußlauf folgende Sträßchen aus. Rollt prima, bis zum Pas de Roland. Bergauf, Bergab, und immer so steil, daß wir meistens schieben. So werden aus den gesparten 150 m mehr als 500 m. Warum einfach, wenn mans härter haben kann.


Gegen 17.30 Uhr sind wir in Saint Jean Pied de Port. Die Tourist-Info eröffnet uns, das alles ausgebucht sei. Sie nennt ein Haus, das evtl frei hat, aber erst um 18 Uhr öffnet. Wir sitzen eine halbe Stunde davor, trinken ein Bier aus der Nachbarkneipe und warten. Nichts tut sich. Dann fragen wir einfach im nächsten Hotel und siehe da, es ist frei und wir können einziehen.

Die Zeit eilt und wir gehen zur Kirche. Der Gottesdienst heute abend ist im Vorort, ca 1 km. Da ist auch noch der Lidl auf, sodaß wir uns für morgen verproviantieren.

Der überwiegende Teil des Gottesdienstes und alle Gesänge werden in baskisch vorgenommen, das klingt wieder ganz anders als französisch. Ein pilgernder Pastor hat an der Messe mitgewirkt.

Stempeln konnte mir der Pastor nicht, dazu sei eine Stelle in SJPdP eingerichtet.

Jede Menge Fuß- und Radpilger sind uns hier schon über den Weg gelaufen, aber in der Abendmesse waren so gut wie keine. Gehen die alle morgen früh um 8.30 Uhr?, oder sind die dann nicht schon unterwegs.

Denn morgen steht die 1. Härteprüfung an, der Ibaneta-Paß, die Überquerung der Pyrenäen.

Die Strecke seit der Loire hat sich ja weiter gezogen als geplant, besonders die vielen Höhenmeter in den Dünen haben überrascht. Hoffentlich werden wir im spanischen Teil nicht in diesem Ausmaß von den Höhen und Hügelchen überrascht.

Statistik:
geplante Strecke: 720 km
gefahrene Strecke: 933 km
gekletterte Höhenmeter: 3.261

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