Jakobsmuschel

 

Entlang der Loire
Orleans - Tours - Angers - Nantes

Samstag, 29.4.2006

Orleans

Heute ist Ruhetag angesagt. Weniger für die Muskeln, mehr für die Bildung steht an. Aber auch das Schaufensterbummeln und das Bestaunen der architektonischen Leistungen strengen ganz schön an.

Nach einem Langschläferfrühstück geht’s in die Stadt. Herrlicher blauer Himmel, aber saukalt. Von der Tourist-Info haben wir verschiedene Routenbeschreibungen für Besichtigungsrunden. Wir kombinieren und laufen rund. Es gibt viel Interessantes zu bestaunen. Die meisten Objekte sind auch in englisch, aber leider nicht in deutsch beschrieben. Es ist zwar etwas schwierig, aber es macht Spaß wenn man den Sinn versteht.

Es bleibt kalt und windig. Auf den Parkbänken kann man schlecht ausruhen, daher gehts ins Einkaufscenter, danach in eine Brasserie, wo wir auch mittagessen.

Den Mittagsschlaf machen wir in unserem Hotelzimmer, derweil ich die Route der nächsten Tage ausarbeite.

In der Kathedrale ist keine Messe, so gehen wir in die Abendmesse von St Pierre du Martroi. Ca 65 Besucher. Die verhältnismäßig kleine Kirche aus roten Backsteinen ist nicht nur außen sehr renovierungsbedürftig.

Zum Abendmahl ziehts uns in eine Pizzeria.

Auf dem Heimweg quert uns eine Musikkapelle. Wir gehen nach und kurz vor unserem Hotel, an einem nachgebauten Stadttor ist großer Auflauf. Alles wartet auf Jeanne d'Arc, die dann auch mit großen Gefolge in die Stadt einreitet. Heute beginnt das alljährliche Jeanne d'Arc Festival. Und wir dachten schon, die vielen Fahnen seien extra für unsere Ankunft aufgehängt worden.

orleans


Wir ziehen mit dem Zug, wie bei der Abholung der Weinkönigin, ins Stadtzentrum zum Place de Republique, wo schon vor großer Kulisse ein Schauspiel läuft. Erst als es uns kalt wird, gehts wieder Richtung Hotel. Wir bekommen Durst und kaufen bei einem indischen Händler eine Flasche Bordeaux, die wir dann im Zimmer noch austrinken.

Sonntag, 30.4.2006

von Orleans bis Blois
82 km, 267 hm


Strahlend blauer Himmel reißt uns aus den Betten, aber es ist nur 12 Grad C.

Vor der Kathedrale ist großer Auflauf. Die Honoratioren der Stadt mit ihren Gespielinnen, geleitet von den Standartenträgern der Traditionsvereine stellen sich gerade zum Einzug auf. Da geht es genau her. Hanne gleitet noch hinein, um ein Kerzlein anzuzünden und kann dabei den Einzug und die Begrüßung durch den Bischof miterleben. Wehe, es geht einer eine Bank zu weit vor, der wird zurückgepfiffen.

Es ist Sonntagmorgen, knapp 9 Uhr und wir bunkern in einem Supermarkt in der Prachtstraße unseren Proviant.

Dann gehts aber los. Ich habe das Südufer gewählt und wir finden auch gut auf den Radweg westwärts. Nach dem Verlassen des Stadtgebietes verläuft dieser meistens auf dem Loiredamm, der ist in ausreichender Breite und asphaltiert.

loiredamm

Meine Radkarte und die Ausschilderung sind nicht identisch, ich muß mich für eine Varitation entscheiden, und die ist die örtliche Ausschilderung. Schon bald gehts auf das Nordufer zurück und auf herrlichen Radwegen westwärts durch die Loire-Bordes. Den naturbelassenen Fluß sehen wir meistens nicht, soweit sind die Hochwasserdämme vom Ufer entfernt.

In der Bäckerei stehen wir Schlange an, um ein frisches Baguette zu erwerben (Sonntagmorgen).

Das Chateau de Chambord, das größte und mächtigste der vielen Loire-Schlösser zieht uns wieder über die Loire nach Süden. Eine gewaltige Anlage in einem noch gewaltigeren Park. Millionen Menschen, die Autoparkplätze sind wegen Überfüllung geschlossen. Oh, ein Hotel bietet seine Leistung an. Aber auf Anfrage nicht für uns, complet! Schade, das hätte prima in den Zeitplan gepaßt. So schlecken wir ein Eis, süffeln eine Dose Bier machen noch einige Fotos, bevor wir drumherumradeln und die Weiterreise antreten.

chambourg


Unterwegs werfen wir auch die Ansichtsgrußkarten in den Briefkasten.

Und dann, endlich, wir kommen in die ersten Weinberge, seit wir das liebliche Moseltal verlassen haben. Die Blättchen sind schon groß. Die Anbauart kann sich jeder auf den Fotos ansehen.

weinbau



Wenig später erreichen wir auch schon Blois (vom Gegenwind wird diesmal nichts geschrieben).

blois



Über die Brücke direkt in die Stadt und schon stehen wir vor unserem Hotel. Die Räder werden vor der Hotelbar-Toilette abgestellt.

Ein Anruf an die Mosel informiert uns, daß es da schneit. Ist halt der 1. Mai.

Kaum erfrischt, spazieren wir in die Stadt. Zunächst in die Kathedrale. Ich treffe den Küster und den Pastor und bekomme meine Pilgerstempel. Der Pastor spricht gut Deutsch und kennt die Mosel mit Trier und Koblenz. "Schön, daß sie an der Messe teilnehmen" sagt er und schon sitzen wir auf den Stühlen, schade nur, daß man die Sprache nicht versteht, denn der predigt wirklich lange und ausgiebig.

Danach haben wir richtigen Hunger. Wir finden ein "colonial cafe", in dem es Gerichte aus den französischen Kolonialgebieten geben soll. Ich ordere die Hausplatte und meine mich nach Bayern versetzt. - Sauerkraut, Würstchen, Haxe (ohne Knochen) usw. - genau wie in München. Sehen die Bayern als ihre Kolonie an? Das Schild "Paulaner München" hätte mich warnen sollen.

Am Nebentisch Holländer, die mit dem Auto auf dem Weg nach SdC sind. Cochem und Zell kennen die auch vom Radfahren. Wir geben Grüße mit, wir kämen auch noch.

Ende des heutigen Tagesberichtes.

Montag, 1.5.2006

von Blois bis Ambois
50 km, 126 hm


Gestern nach der Messe hatten wir keine Gelegenheit mehr, die Stadt und das Chateau zu besichtigen. Das wird heute morgen nachgeholt. Bagage und Räder können noch im Hotel bleiben, so ist es einfacher.

Der Himmel ist bedeckt, aber es ist trocken und kühl.

Der junge Mann am Chateau-Eingang ist sehr geschäftstüchtig, er hat das Verkaufen von Zusatzprodukten gut gelernt und dreht uns - um 10.00 Uhr - glatt den Eintritt für die abendliche Lichterschau mit an. Bis wir und die von uns genervten Hostessen das begriffen, spenden wir das Ganze für die Schloßrenovierung.

Trotzdem ein sehr interessantes Gemäuer und auch die Aussstellungen, besonders das Bildermuseum "schöner Künste" ist den Besuch wert.

Wir checken aus, kaufen noch Gourmetbaguettes und dann rollen wir, vorbei an einer kläglichen Maidemonstration, endlich los. Der Wind hat uns gleich ins Herz geschlossen und bleibt und den ganzen Tag mehr oder weniger treu.

Beim Auschecken erhält Hanne noch ein Sträußchen Maiglöckchen geschenkt. Das ist hier zum 1. Mai so üblich. An den Straßenecken stehen dutzende von Leuten, die solche Sträußchen zum Verkauf anbieten. Jetzt wissen wir auch, warum in den letzten Tagen schon so viele Kinder mit den Maiglöcken rumgelaufen sind. Die Route geht über Radwege, stille Zufahrtsstraßen, manchmal auch über akzeptable Schotterpisten.

Uns wird bewußt, heute ist der 1. Mai. Und da wird normalerweise mehr getrunken. Aber in den kleinen Dörfern gibts keine Einkaufsgelegenheit. Endlich finden wir eine Boulangerie abseits des Weges und können für 2,50 € eine Flasche einheimischen Rotwein erstehen. Eine 1,5 l Flasche Wasser gibts da noch gratis dazu, mehr kann der Laden nicht bieten.

In einem Buswartehäuschen um die Ecke machen wir dann Mittagspause. Die Baguette und der Wein sind wirklich lecker.

1. mai


Die nächsten Kilometer kürzen wir einfach mit einem schnellen Ritt über die ruhige Autostraße ab. Auf die Schloßbesichtigung von Chaumont verzichten wir und dafür gehorche ich meiner Karte und nicht den Wegweisern. Da ich auch die empfohlene Route verpasse, rollen wir ruhig kilometerweit über geteerte Feldwege.

Bei einer Trinkpause passiert es, mein Rad rutscht und ich habe meinen ersten Kratzer im Lack. Und das ausgerechnet, als ich auch meine Sandprobe aus der Loire baggern will.

Die route de vignobles und die Weinberge der Loire lassen wir einfach rechts liegen.

Aber dann, der Feldweg ist voller beidseitig geparkter Autos. An der Kreuzung knubbelt es sich. Hier ist was los. Ein Flohmarkt, millionen Besucher und ein unüberschaubares Angebot. Auf unserer Durchfahrt messe ich genau einen Kilometer, und nach zwei anderen Richtungen ist es mindestens nochmal soweit.

Als guter Besucher zücke ich mein Portomonnaie und kaufe mir eine Tüte gebrannte Mandeln. Plötzlich bleibt Hanne wie vom Blitz getroffen stehen: "Endlich der erste vernünftige Stand". Ein Weinstand. Wir bocken unsere Drahtesel auf und trinken einen Sekt, methode traditionell (0,1-Glas für 1,10 €). Dann noch ein kleines Gläschen Rotwein (0,05-Glas für 0,80 €). Weils so gut schmeckt kaufen wir noch eine Flasche als eiserne Resereve heute abend im Zimmer.

weinstand


Die Weiterfahrt wird von einigen gegen die allgemeine Richtung fahrender PKW gestört, aber wir kommen durch und schon bald laufen wir in Ambois ein. Direkt auf das erste Hotel zu: wegen Schaden geschlossen; das nächste: wegen Renovierung geschlossen; das dritte: passt nicht in den Pilgeretat; das vierte: geschlossen; das fünfte: Bruchbude, das sechste: bis 17.00 Uhr geschlossen; das siebte: neue Supervilla. Das geht an die Nerven. Wir rollen eine letzte Runde durch die Straßen, suchen nochmals nach Nummer sechs und finden mit Nummer acht ein schönes kleines Hotelchen.

Gepäck abgeladen, und schon auf zur Stadtbesichtigung. Das Chateau macht gleich zu, trotzdem gibt uns der Torwächter einen Stempel.

Es feuchtet in der Luft und wir setzen uns in ein Cafe.

Da die Restaurants noch nicht öffnen, steigen wir aus Langeweile die 161-Stufen-Treppe zu einem Aussichtspunkt über die Stadt hoch. Naja, für den Appetit nicht schädlich.

Dienstag, 2.5.2006

von Ambois bis Tours
52 km, 313 hm


Sonnenstrahlen kitzeln uns aus den Betten. Mein Thermometer meldet 12 Grad, also wieder die Langbeine an.

Um 9 Uhr rollen wir schon aus dem Städtchen, gleich eine kräftige Bergwertung. Der Radweg zu dem schönen Schloß Chenonceau, dem Chateu des Dames, ist mit Gewalt von der Hauptstraße weggelegt und geht auf und ab durch die Loirehügel. Aus 12 flachen Straßenkilometern werden so 16 hügelige Radkilometer.

Am Parkeingang ist schon ein Fahrradabstellplatz, die Räder angeschnallt, das Gepäck durch zusätzliche Seilchen gesichert (später sehen wir, daß es Mitradler genauso machen) und dann erwerbe ich die Billets und lasse mir gleich einen Pilgerstempel verpassen.

Mann, haben die ein Ding, der Stempel mit der Schloßkontur geht glatt über mehrere Felder.

Der Betrieb so früh ist noch gering, sodaß die Besichtigung in Ruhe erfolgen kann.

Nach einer kräftigen Stärkung heißt es jetzt, Kette rechts und auf direktem Wege nach Tours.

Wir kommen durch die Weinbaugemeinde St. Martin und besichtigen die kleine St Martinskirche.


Nur die letzten Kilometer vor der Stadt erwischen wir eine mehr befahrene Straße. Und dann werden wir fast noch in einen Unfall verwickelt, weil ein abbiegender Autofahrer auf unsere Vorbeifahrt wartet und dann von hinten voll gerammt wird.

Wir finden schnell die Tourist-Info, lassen uns Hotels empfehlen - hier in der Stadt sind die Fahrräder wieder ein Problemchen, aber im Dienst-Treppenhaus des ibis geht das gut.

Ruckzuck sind wir auf Stadterkundung. Der erste Gang selbstverständlich zur St. Martins-Basilika.

Die Kirche wurde ja auf bzw. neben den ursprünglichen Fundamenten neu errichtet. Das hat dem Stil und dem Eindruck gutgetan, nicht so drückend und sehr hell.

tours st martin


In der Krypta ist die Platte mit der Inschrift von St Martin Briedel an wirklich exponierter Stelle. Wenn da auch noch "Mosel" draufstünde, wüssten sogar die vielen deutschen Pilger etwas damit anzufangen.

Wir haben eine halbe Stunde Zeit, füllen unsere Tanks etwas auf und nehmen dann an einer Vesper in der Basilika teil.

Unsere Pilgerstempel gibts am Basilika-Kiosk.

Nach dem Abendessen und der Rückkehr in der Hotelbar noch ein paar Absacker, dann gehts zum Tagebuchschreiben und Hanne nutzt die Zeit für eine große Wäsche. Denn morgen wollen wir noch hierbleiben und dann haben die Klamotten Zeit zum Trocknen.

Mittwoch, 3.5.2006

Besichtigungs- und Einkehrtag in Tours

Heute bleiben die Räder im Hoteltreppenhaus stehen und wir besichtigen die schöne alte Stadt.

Kaum sind wir losgelaufen kommt ein Touristenbähnchen (petit train) und wir steigen ein. Schöne Fahrt, wir haben Mappen mit dem Lautsprechertext in Deutsch erhalten.

Danach nochmal zur Martins-Basilika, aber das Museum ist auch heute zu, warum, kann uns keiner erklären.

Erstaunlich finde ich die große Gedenktafel an den Hl. Martin, aus Anlaß des 11. November 1918, auf der diesem für die Hilfe im Krieg und der Besiegung der Feinde durch die französische Nation gedankt wird. Auch viele Einzel-Dankplaketten weisen besonders auf den ersten Weltkrieg hin.

Das ist doch derselbe Hl. Martin, zu dem viele Deutsche beteten und den sie baten, ihnen zu helfen, die Franzosen zu besiegen.

Ist das nicht irgendwie irrrsinnig?

In der Kathedrale lasse ich mir noch einen Pilgerstempel für heute geben, schließlich ist diese Kathedrale der offizielle Ausgangspunkt der via turonensis, des Jakobsweges, der sich hier aus der "niederstrass"; die von Skandinavien - Holland über Paris hier ankommt, bildet.

tours kathedrale


Im Internetcafe schnell meine Webseite aktualisiert und den Rest des Tages ruhig hinter sich gebracht.

Es war ein sonniger Tag, die Thermometer an den Pharmacien zeigten 30 und mehr Grad.

Donnerstag, 4.5.2006

von Tours bis Chinon
65 km, 216 hm


Blauer Himmel, also wird die Sommergarnitur angelegt.

Bevor wir die Stadt verlassen, machen wir noch eine kleine Runde und verabschieden uns vom Heiligen Martin.

Ich finde noch keine Hinweisschilder und verlasse die Hauptausfallstraße in einer großen Straßenbaustelle eher, als mein Reiseführer empfiehlt. Es ist kein Problem mit dem Radstreifen, aber die Querung der Autobahnauffahrten erforderte Orientierungsinn, klappte aber gut und schnell.

Dann gings auf ruhiger Dammstraße der Cher, einem niedlichen Nebenfluß der Loire, jetzt auf der offiziellen Loire-Rad-Route, westwärts.

raps


Die Region wimmelt vom Chateaus, prächtigen und vergammelten. Wenn wir die alle besichtigen wollten, kämen wir erst Weihnachten in SdC an. Ich empfehle dem interessierten Schloß-Liebhaber die in großer Menge vorhandene Literatur. Da ist es besser beschrieben, als ich es könnte.

Chateu Villandry, das mit den schönsten Gärten, wird nur von außen erkundet.

Chateau d'Usse paßt mit seinen vielen Türmchen am Besten in unsere Vorstellung von Märchenschlössern. Wir rollen langsam vorbei, um die Hügel nach Chinon, der alten Festungsstadt und dem Zentrum des Loire-Weinbaus zu erklimmen.

Das Wetter ist herrlich, wir verbrauchen Sonnencreme und der Wind nimmt uns auch heute an die Brust.

Und dann ist es soweit, kurz vor dem Ziel zeigt mein Tacho die ersten 1.000 Kilometer dieser Reise an. Wir stoßen mit warmen Wasser aus unseren Flaschen an, was Besseres haben wir nicht. Das wird sicher heute abend nachgeholt.

Bei der Besichtigung der Festungsruine Chinon staune ich, wieviele Treppenstufen rauf und runter nach solchen Zerstörungen noch intakt geblieben sind. Das ist die richtige Nachbehandlung für die geplagten Radlerwaden.

Das Burgfräulein verpaßt mir meinen Pilgerstempel. Dabei gibt sie uns noch einen Touristenpass, mit dem wir bei 60 Aktivitäten teils nennenswerte Rabatte bekommen. Leider für uns und unseren Reiseplan nicht nutzbar bzw. schon zu spät.

Das Innenstädtchen ist super restauriert, wenn auch die Kopfsteinpflasterstraßen als gute Mountainbike-Strecken genutzt werden können.

Die beiden Kirchen sind schon zu. Im Tagesverlauf konnten wir jedoch eine Reihe von Kirchen auf den kleinen Dörfern besichtigen. Die waren alle relativ einfach, meist im romanischen Stil, erbaut. Zur Innenausstattung kann man immer nur die schönen Glasfenster erwähnen, die jedoch lt. der Beschreibung öfter jüngeren Datums sind und bei Renovierungen eingesetzt wurden.

Mit den Kirchenbesuchern hier scheint es wie bei uns zu sein. 5-8 Kirchen sind im Verbund und abwechselnd wird, oft nur am Wochende, eine Messe angeboten. Diese Plantableaus sind an die Kirchentüren gepinnt.

Hier ist touristisch, wie bisher in allen größeren Loire-Orten, einiges los. Jede Menge Bars und Restaurants, meistens mit vielen Tischen im Freien, buhlen um die Gäste. Auch wir lassen uns von der Stimmung fangen und tippen auf der regionalen Speisekarte. Schon wieder gut getroffen und der einheimische Wein ist prima.

Bis morgen.

Freitag, 5.5.2006

von Chinon bis Angers
94 km, 337 hm

Der Morgenhimmel ist nicht blau.

Wir entscheiden uns, das Kloster Fontrevraud l'Abbaye als erste Station anzupeilen. Wir verlassen die Stadt über die Vienne und los geht’s. Meine Karten sind hier abgeschnitten und so muß ich mich ausschließlich auf die örtliche Straßenbeschilderung verlassen, denn wir müssen sozusagen einen Bogen über den Kartenrand hinaus machen. Aber der Verkehr ist mäßig und wir finden auch die Abkürzung durch den Panzerübungsplatz. Unterwegs kommen uns Autos entgegen, die haben schon den Scheibenwischer an, aber es wird wieder trocken.

Diese alte Abtei, der größte zusammenhängende Klosterklomplex Europas, ist sehenswert.

Ganz besonders zu erwähnen ist, daß hier Richard Löwenherz, der englische König sowie sein Vater Henri II und seine Mutter beerdigt sind.


Die Bretagne, deren Herzstück die Loirestädte waren und sind war ja bis vor wenigen hundert Jahren englisches Hoheitsgebiet. Genaugenommen kann man sagen, von hier aus wurde England beherrscht. (Der Name Britannien kommt von Bretagne)

Nach Säkularisation und Nutzung als Staatsgefängnis zeigt das Kloster nun nach der Renovierung wieder den alten Zustand.

Erwähnenswert ist auch ein großer Raum als Fahrradgarage für die Besucher.

Hier erbettle ich mir auch meinen täglichen Pilgerstempel, könnte schöner sein.

Dann gehts auf Schußfahrt ins Tal zurück nach Candes-St.Martin an der Mündung der Vienne in die Loire. Unterwegs wirds regnerisch und wir testen mal kurz die Regenjacken.



Candes ist der Sterbeort des hl. Martin. Aber die "bösen" Anhänger aus Tours haben den Leichnam nachts geklaut und mitgenommen. So ist hier jetzt nur noch die Gedenkkirche, die sich aber auch sehen lassen kann.

Als Menue de juor gibts Jakobsmuscheln mit Reis, lecker.

Wir sausen bei trockenem, aber bedecktem Himmel weiter westwärts. Interessant immer wieder die vielen Häuser, die einfach in den Kalkfelsen hineingebaut sind und jede Menge von Weingütern, die als Stammsitz regelrechte Chateaus haben.

Saumur wird nur kurz besichtigt, auf den Aufstieg zum Chateau verzichten wir. Die romanische Rundkirche Notre Dame am Stadteingang jedoch stellt sich uns als eine Kirche dar, deren Baustil mit der gewaltigen Kuppel wir bisher noch nicht kannten.

Das Champignon-Museum unterbricht unsere schnelle Fahrt und wir besichtigen die tief in den Berg hineinreichenden, aus dem Kalkfelsen herausgebrochen Höhlen. Für französisch sprechende Botaniker eine Fundgrube des Wissens.

Auf ruhigem Dammweg gehts weiter. In Gennes sind wir noch fit und halten die Tagesetappe noch für verlängerbar. Also gehts weiter, herrlicher Weg am Ufer.


In der folgenden großen Ortschaft ist doch kein Hotel und keine Pension zu finden. Da gehts eben weiter.

8 km weiter, in laBohalle macht die Tourist-Info gerade die Fensterläden zu, da halten wir an. Schwierig, Hotels gibts im Umkreis nicht und die Bed&Breakfest sind belegt. Ausweich ca 7 km ins Hinterland. Das will ich nun doch nicht. Ich verzichte auf deren sichtbares Bemühen, mir einen passenden Prospekt aus ihrem riesigen Fundus zu geben und auch auf einen klärenden Anruf in einem weiteren Touristenbüro. Was machen die beiden Damen in dem großen Büro, wenn sie keine Zimmer zu vermitteln haben?

Es findet sich auf der Strecke komischerweise kein Zimmer mehr, vor Gennes wimmelte es davon. Und so rollen wir noch über die Authion, einen hier mündenden Fluß, bis fast ins Zentrum von Angers, um unser müdes Haupt zu betten.



Samstag, 6.5.2006

von Angers bis Ancenis
72 km, 282 hm


Der Himmel ist dunkelgrau und es regnet in Strömen. Nach dem hingezogenen Frühstück lümmeln wir uns nochmal im Chambre und warten ab. Derweil überarbeite ich mein Tagebuch und mache die letzten Tage internetfähig.

Plötzlich haben die Menschen draußen keinen Regenschirm mehr auf. Wir checken aus und packen unsere Drahtesel. Aber es regnet immer noch leicht. So müssen wir Regenhose und Regenjacke auspacken.

Auf zur Stadt- und Chateaubesichtigung.
Die Kathedrale kommt mir dunkel vor, liegt vielleicht auch am Regen.

Das Schloßfräulein gibt mir per Stempel zu verstehen, daß sie am rechten Eingang sitzt.

Es hört auf zu regnen und wir verpacken das Plastikzeug, denn darunter ist es warm und feuchter als außen.

Wir rollen auf dem "provisorischen" Radweg aus der Stadt und überqueren die Maine (Angers liegt nicht an der Loire) auf der Brücke einer alten stillgelegten Schmalspurbahn. Hier an dieser Brückenauffahrt sehen wir bewußt das erste Jakobspilgerzeichen in Frankreich. Kurz danach ergießt sich die Maine in die Loire.

Gegen mittag sind wir endlich auf dem Original-Radweg und müssen einige Hügelchen niederstrampeln.

Der Radweg geht auf und nieder durch die Weinberge der Loire.

Nach einer halben Flußüberquerung geht es auf einer Insel westwärts, bis wir an deren Ende aufs Festland wechseln. Riesige Ackerflächen für den Salat- und Gemüseanbau prägen das Bild.

Mit elektrischen langen Förderbändern bringen die die automatisch eingepflanzten Stecklinge aufs Feld, wirklich irre, die Technik.

Weiter rollts bei mittlerweile herrlichem Wetter. Der schöne asphaltierte Feldweg ist einmal nur 5,3 km kerzengerade, während der relativ gut beschilderte Radweg sonst extreme Verbiegungen macht, um Autostraßen zu vermeiden.

Teilweise hat die Loire hier 3 - 5 Arme, so weit ist das Tal gedehnt. Riesige Sandbänke liegen derzeit blank. Und wenn ich dann die teils über 5 m hohen Hochwasserschutzdeiche sehe, die auch noch oft weit im Land hinten liegen, fällt es mir schwer, mir ein Hochwasser vorzustellen. Wo mag dann das ganze Wasser herkommen.

Bald ist Ancenis, eine aufblühende Industriestadt erreicht und die Tourist-Info empfiehlt uns gegen 18.00 am Samstag das einzige Hotel im Stadtbereich.

Gute Wahl. Direkt daneben ist der Lidl und wir bunkern für morgen Proviant.

In der Kirche St. Pierre beginnt gerade der Gottesdienst, wie extra für uns Jakobspilger. Er ist gut besucht. Ich schätze rund 200 Gläubige.

Sonntag, 7.5.2006

von Ancenis bis Nantes
47km, 226 hm


Es ist diesig, aber trocken und so düsen wir früh los. Ein Thermometer zeigt 11 Grad, jetzt weiß ich warum mirs in der kurzen Hose so frisch ist. Ein paar kleine Hügel und ca 3 km Schotterpiste. Sonst fast ständig Superradwege.

Heute am Sonntagmorgen sind jede Menge Radler und Jogger unterwegs. Einige Gepäckradler, die die Strecke umgekehrt machen, begegnen uns.

Mittags stehen wir in Nantes schon vor der Kathedrale. Der Kiosk ist Sonntags zu und sonst niemand zu finden, der mir einen Pilgerstempel verpassen kann. Da muß ich mit der Tourist-Info nebenan vorlieb nehmen.

Wir stärken uns in einer Creperie.

Als wir weiterfahren wollen, fängt es leicht an zu regnen. Wir warten ab und entscheiden uns dann, heute hier zu bleiben. Bei der Einfahrt kamen wir an einem großen ibis mit Wochenendrabatt vorbei. Schnell hin und eingecheckt. Die Räder kommen in den kleinen Seminarraum.

Dann gehts zu Fuß auf Stadtbesichtigung.
Gerade sitzen wir im Cafe und ich genieße meinen Eisbecher (auch dazu bekomme ich ein Glas und eine große Flasche stilles Wasser kredenzt), als es wieder gut zu regnen beginnt.

Es klart auf und wir setzen die Stadtbesichtigung fort. Der nächste Schauer überrascht uns und bevor wir ein rettendes Lokal finden, sind wir nass. Daher zurück ins Hotel, damit die Klamotten trocknen können. Als wir dann da ankommen sind wir pitschenaß. Es regnet weiter und dann donnerts und blitzt es noch.

Mal sehen was morgen wird.

Da unterbricht man die Radtour um trocken zu bleiben und wird dafür zu Fuß richtig naß.

Montag, 8.5.2006

von Nantes über St.-Nazaire nach Pornic 1. Teilstück
61km, 267 hm


Trübe sieht es draußen aus, kalt und naß, aber es regnet nicht mehr.

Der Blick aus dem Fenster zeigt Kathedrale und Chateau in trauter Eintracht, und daneben das moderne Hochhaus, der "Turm der Bretagne", schrecklich, dieser Anblick.

In der Stadt ist es still und alles ist geschlossen. Da fällt mir ein, heute ist der 8. Mai, der Tag der deutschen Kapitulation und in Frankreich der höchste Feiertag.

Wir haben dadurch den Vorteil des geringen Verkehrs und so dürfen wir auf dem kombinierten Bus- / Radstreifen die Stadt schnell und unkompliziert westwärts verlassen.

In Zielrichtung tauchen schwarze Wolken auf. Ob das heute gutgeht? Die ersten Tropfen fallen aber wir sehen dahinter schon wieder blauen Himmel. Die Vororte durchqueren wir auf ausgestorbenen Straßen und dann gehts mit einer Fähre ans Südufer. Die Überfahrt ist für Fußgänger und Radfahrer kostenlos.

faehre


Hanne verliert auf der Ponte ihre Handschuhe, bemerkt es an Land im letzten Augenblick noch und kann sie retten.

Der Weg geht kilometerweit entlang eines Entwässerungskanals, herrliches Radeln. Ein kurzer Regenschauer zwingt uns in die Regenjacken. Es ist weiter kühl und wir behalten sie schon darum an.

Mittagsrast in herrlichem Sonnenschein auf einem Boule-Platz mit Blick auf die längste Brücke Frankreichs, die aus den Tour-de-France Berichten ja bekannt ist.

bruecke


Bei der Weiterfahrt finde ich trotz mehrerer Anläufe nicht den in der Karte verzeichneten Radweg zur Brücke von St.-Nazaire. So bleiben wir auf der heute wenig befahrenen Hauptstraße. Nach 61 Tageskilometern stehen wir vor der Brücke. Sollen wir drüberfahren? Es gibt keine Radspur und der Verkehr ist auch heute enorm, dazu kommt die starke Steigung.

So bleiben wir am Südufer, gönnen uns einen Cappucino, verwerfen die Idee der frühen Zimmersuche und verlassen nach bisherigen 1.311 Streckenkilometern das Tal der Loire und wechseln den Kurs von West auf Süd.

Zum zweiten Tagesteil siehe den nächsten Bericht über die Atlantikroute.

Statistik:
geplante Strecke 430 km + 60 km
gefahrene Strecke: 523 km
gekletterte Höhenmeter: 1.867 , wer hätte das einer so flachen Flußtour zugetraut?

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